Forensische Radiologie
Seit 2007 werden zusammen mit dem Institut für klinische Radiologie der LMU Forschungsprojekte zu rechtsmedizinisch-radiologischen Fragestellungen durchgeführt. Die Entwicklung auf diesem Gebiet war in den letzten Jahren von enormen Fortschritten und intensiver Forschungs- und Publikationstätigkeit mit steigender Tendenz geprägt.
Die Forensische Radiologie umfasst die Anwendung bildgebender Fragen zur Klärung rechtsmedizinischer Fragestellungen. Seit nahezu der Entdeckung durch Wilhelm Conrad Röntgen wurden die nach ihm benannten Strahlen auch für forensische Anwendungen eingesetzt. Die Entwicklung von Computertomographie und Kernspintomographie haben der Rechtsmedizin zahllose neue Untersuchungsansätze eröffnet, so dass diese beiden Untersuchungsverfahren nun im Mittelpunkt des Interesses stehen. Hierbei sind sowohl Untersuchungen an Lebenden (bspw. im Rahmen von Altersbestimmungen oder zur Detektion von Drogenkurieren) als auch an Verstorbenen Gegenstand von Forschung und Praxis. Für die postmortale Anwendung ist wesentlich, dass es sich hierbei um nicht destruierende und hervorragend dokumentierbare Untersuchungen handelt.
Das konventionelle Röntgen hat nach wie vor Bedeutung bei Lebensaltersbestimmungen und Durchleuchtungsverfahren (z.B. bei Projektilsuche), verliert aber auch bei forensischen Anwendungen immer mehr an Bedeutung.
Computertomographie (CT):
Als objektives und reproduzierbares Bildgebungsverfahren ergänzt die postmortale Computertomographie (pm CT) bei bestimmten Fragen die klassischen rechtsmedizinischen Untersuchungsmethoden der Sektion und der Histologie. Als ideale Untersuchung hat sie sich bei der Suche nach Fremdkörpern, typischerweise Projektile oder operativ eingebrachte Materialien, aber auch von Gasen, hier v.a. bei der Frage nach Pneumothorax oder Luftembolien etabliert. Als gleichwertige, aber einfachere Untersuchung ist sie bei der Suche nach Frakturen anzusehen. Das Erkennen von alten, schon abgeheilten Frakturen ist teilweise nur durch ein CT möglich, so dass diese Untersuchung bei Verdachtsfällen tödlicher Kindesmisshandlung als besonders wichtig anzusehen ist. Eine CT erlaubt im Nachhinein, auch Jahre nach der Sektion, die Vermessung von anthropometrischen Daten, die u.a. für biomechanische Rekonstruktionen von Vorfällen aller Art von essentieller Bedeutung sind. Der Abgleich von Verletzungen und Tatwerkzeugen ist hier jederzeit und unabhängig von der Sektion möglich. Die Speicherung der Befunde gewährt darüberhinaus ein hohes Maß an objektiver Überprüfbarkeit und erlaubt besonders in Verbindung mit 3D-Rekonstruktionen eine eindrucksvolle Illustration der Ergebnisse. Vor dem Hintergrund der vor Gericht geforderten Nachvollziehbarkeit sachverständiger Gutachten ist dies ein nicht zu unterschätzender Gesichtspunkt dieser Methoden.nach oben
Kontrastmittelgestützes postmortales CT (PMCTA):
Diese in der Erforschung befindliche Methode erweitert die Möglichkeiten der postmortalen radiologischen Befunderhebung auf das Gefäßsystem. Hierbei richtet sich der Schwerpunkt der Forschung auf Stichverletzungen, Erkrankungen des Gefäßsystems (Aortenaneurysma, Herzmuskelruptur, Hirnbasisarterienaneurysma, Gefäßverschlüsse, Lungenembolie, Herzinfarkt) und der Suche nach Blutungsquellen wie beispielsweise nach operativen Eingriffen.
Praktische Fragestellungen:
- Ganzkörper-CT zur Dokumentation von Tötungsdelikten
- Lebensaltersbestimmung
- Schussrekonstruktion
- Suche nach Blutungsquellen
- Gasnachweis (z.B. Tauchunfälle, Kunstfehler)
- Auswertung klinischer Aufnahmen im Rahmen gutachterlicher Fragen
- Anthropometrische Datenerhebung
- Unfallrekonstruktion (Biomechanik)
Aktuelle Forschungsthemen:
- Postmortale Angiographie (Virtangio)
- Identifikationsmethoden mittels CT
- Phasenkontrast-Röntgen (Kooperation mit TU München)
- Korrelation von CT-Befunden und autoptischen sowie histologischen Befunden
- Fremdkörperbestimmung und Gasnachweis
- Kunstfehlerdiagnostik
- FE-Modellerstellung in Kooperation mit der Abteilung für Biomechanik
- Kindesmisshandlung und Mehrfachverletzungen in der Bildgebung
- Pädiatrische Vitalitätskriterien, insbesondere der Lunge
- Strahlenreduktion (Institut für klinische Radiologie)
- Bodypacking-Drogendifferenzierung (Institut für klinische Radiologie)
- Dynamische Kontrastangiographie
- Traumamorphologie des Larynx und Hyoid
- Perfusionsphysiologie
- Knochenfrakturanalyse
- Anthropometrienach oben
Dissertationen & Diplom-Arbeiten
Für Student(inn)en der Medizin, Zahnmedizin, Biologie, Informatik und Physik mit Interesse an Interdisziplinarität und selbständiger aber teamorientierter Arbeitsweise und Motivationsfähigkeit sind jederzeit Anfragen bzw. Bewerbungen mit aussagekräftigem Lebenslauf möglich.
Kooperationen:
- Multicenter Studie zur PMCTA (Koordination: CURML Lausanne, Zentren: Basel, Foggia, Hamburg, Krakau, Leicester, Leipzig, München, Toulouse)
- LBI für klinisch-forensische Bildgebung Graz
- Experimentelle Radiologie TU München (Phasenkontrast-Röntgen)
- Gewaltopferambulanz des Instituts für Rechtsmedizin München (Bildgebung bei Lebenden)
Team Institut für Rechtsmedizin der LMU
PD Dr. Oliver Peschel, Facharzt für Rechtsmedizin
Dr. Florian T. Fischer, Facharzt für Rechtsmedizin
Laura Rössel, Präparatorin
Team Institut für klinische Radiologie der LMU
PD Dr. Dr. Stefan Wirth, ltd. OA, Facharzt für Radiologie
Dr. Michael Scherr, Facharzt für Radiologie
Fabian Mück (Arzt)
Ansprechpartner:
Dr. Florian T. Fischer
Florian.Fischer@med.uni-muenchen.de
Prof. Dr. Oliver Peschel
Oliver.Peschel@med.uni-muenchen.de
Nußbaumstraße 26
80336 München
+49 89 2180 73011 (Pforte)